Elektroauto Opel Rocks-e im Test: Minimalistischer Beitrag zur Verkehrswende (2024)

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Der Opel Rocks-e ist nichts für Schüchterne. Er motiviert Passanten zu einem Lächeln oder einem hochgestreckten Daumen. Manche winken. Nachbarn fragen, wie er so fährt, der liebe Kleine. Probieren Sie’s aus, ist die wichtigste Antwort. Love it or leave it. Schließlich ist der Rocks-e kein Pkw M1 im Sinn der Zulassungsverordnung. Er ist ein L6e, ein elektrisches Leichtfahrzeug. Er hat keine echte Heizung und kein ABS, keine Servolenkung und keine Anhängerkupplung. Aber er ist in der Metropole ein unschlagbares Parkplatzsuchgerät, er hat Pfiff, und wer sich ein paar Stunden eingegrooved hat, fährt mit Spaß ab durch die Mitte.

Die größte Sorge vor Testbeginn war die auf 45km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit. Vielleicht wäre mit den 6kW Dauerleistung (Peak-Power: 9kW!) des Elektromotors mehr drin gewesen. Aber die Zielgruppe mit dem Führerschein AM – also 15-Jährige, deren Eltern keine Lust auf einen Roller haben – könnte dann nicht ans Volant. Es ist erstaunlich, aber die 45km/h haben im Hamburger Stadtverkehr jederzeit ausgereicht. Mehr noch: Die Annahme, man müsste permanent binär fahren, also Vollstrom geben oder gar nicht, traf nicht ein. Noch wohler werden sich trotzdem jene fühlen, die in einer Stadt mit großflächigen Tempo-30-Zonen wohnen.

Selbst Lenken und Bremsen

Die Tour im Opel Rocks-e müssen Sie sich ungefähr so vorstellen: Türöffnen mit Schlüssel1. Rückwärts auf den Sitz runterlassen. Wow, hier ist wirklich viel Platz auch für ganz Große. Jetzt Schlüssel2 nehmen und umdrehen. Piep abwarten, dann den Druckknopf D links am Fahrersitz betätigen. Seilzughandbremse lösen. Los geht’s. Und zwar ziemlich laut: Der Antriebsstrang jault kräftig und E-untypisch. Die Geräuschdämmung erinnert an einen Tazzari Zero.

Jetzt sind alle Kulturtechniken des klassischen Autofahrens gefragt. Selbst lenken (geht wunderbar). Selbst bremsen (klappt bei Nässe bis zum Blockieren). Den Kopf drehen, weil die Spiegel ein Witz sind. Die Rundumsicht ist übrigens erstklassig, das kennt man von modernen, zugebauten Autos gar nicht mehr. Der Wendekreis beträgt absurde 7,2Meter, und es finden sich viele Lücken, die früher unsichtbar waren. Weil der Opel serienmäßig ein nicht zu öffnendes Panoramadach hat, ist die Sicht auf Ampeln ohne Halsverrenken immer frei. Man fährt ursprünglich im Rocks-e, und das gefällt.

Reminiszenz an Citroens "Ente"

Angesichts einstelliger Außentemperaturen, viel Regen und der entsprechenden Beschlagneigung hilft die Lüftung (auch laut) mit geringer Heizfunktion über das Gröbste hinweg. Zusätzlich kann die Luftfeuchtigkeit über die Klappfenster abgeführt werden. Sie haben eine erste Raste für eine Spaltöffnung, und überhaupt, hier schwingt er mit, der Citroën2CV "Ente", denn eigentlich ist der Opel Rocks-e als Citroën Ami zur Welt gekommen.

Noch mehr Platz als auf dem Fahrersitz gibt es auf der Beifahrerseite. Der Sitz ist dort zurückgesetzt, um vor den Beinen Raum für einen Koffer oder Ähnliches zu schaffen. Große Transportaufgaben kann der Rocks-e nicht lösen, er ist eben ein City-Commuter, ein vierrädriges sehr schnelles Lastenrad, in dem man trocken bleibt. Zum Thema Bekleidung: Steigen Sie so ein, wie Sie auch in die U-Bahn gehen würden. Also ganz normal. Die objektive zeitliche und kilometrische Länge von Strecken in der Großstadt ist gering. Man legt drei oder sieben Kilometer zurück, das kann in der Rush-hour zwanzig Minuten und mehr dauern, vielleicht sind es auch mal 18Kilometer, aber nein, ins Frieren kommt man nicht.

Opel Rocks-e im Test (11 Bilder)

Beitrag zur Verkehrswende

Wenn die Batterie mit einem Energiegehalt von 5,5kWh vollgeladen ist, zeigt sie über 60Kilometer Reichweite (Opel "bis zu 75km") an. In der Praxis waren dann eher 50km. Unpraktisch ist das Fach fürs Kabel: Die Öffnung ist so klein, dass der Stecker gerade so durchpasst. Eine Fummelei. Beim Aufsatz für den Typ-2-Stecker (333Euro Aufpreis) muss man zuerst die Bedienungsanleitung lesen, denn er hat an seiner Unterseite zwei An-Aus-Schalter, die in der korrekten Reihenfolge bedient werden müssen. Geladen wird mit maximal 1,8kW. Opel wirbt damit, dass die Batterie in 3,5Stunden wieder voll ist. Es gibt einen Adapter für die öffentliche Ladeinfrastruktur, doch das beschleunigt den Ladevorgang nicht.

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Der Rocks-e wiegt nur 471Kilogramm und ist beim Ressourcenbedarf in jeder Hinsicht ein Beitrag zur Verkehrswende. Mit 1,39Meter Breite und 2,41Meter Länge benötigt er wenig Verkehrsfläche. Ja, man kann ihn besser Querparken als einen Ur-Smart (2,50Meter), was in Deutschland weder erlaubt noch verboten ist, solange man niemanden behindert.

Ab 7990 Euro

In der Wolle gefärbte Autofahrer haben nur Spott für den Opel Rocks-e übrig, und aus ihrer Perspektive haben sie recht: Er ist unkomfortabel und weniger sicher, und weil Leichtfahrzeuge mit keinem Cent staatlich gefördert werden, Elektro-Pkw aber mit 9570Euro, sind ein Dacia Spring oder ein Renault Twingo electric nicht viel teurer.

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Dennoch sollten wir dem Stellantis-Konzern dankbar sein, dass er dem Renault Twizy (ab 11.450Euro) einen preisgünstigen (ab 7990Euro, Testfahrzeug Tekno ab 8790Euro) Konkurrenten zur Seite stellt. Der Opel Rocks-e ist ein Nischenprodukt, und so wird es ihm gehen wie dem Twizy und anderen Fahrzeugen dieser Klasse: Die Verkaufszahlen werden niedrig sein.

Entscheidend ist, dass Opel dieses Angebot macht. Der Rocks-e ist im Sammelsurium der Verkehrsmittel eine eigene, erfreuliche und wichtiges Ergänzung. Er wird mit seiner direkten Art eine Fangemeinde finden. Nicht nur bei den Teenies, die mit 15 am Lenkrad drehen wollen, sondern auch bei anderen Kurzstreckenanwendern. Ob das für Absatzzahlen reicht, die ein derart massenabsatzorientierter Konzern anstrebt? Ungewiss!

(mfz)

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